Gerechtigkeit Gottes – Güte und Treue
Denn deine Güte reicht, so weit der Himmel ist, und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen.
Psalm 57,11 LU17
An wen hast du gedacht
Vor diesem Gottesdienst für Entschlafene musste ich an viele Menschen denken. Erst vor ein paar Wochen ist ein alter Freund aus meiner Jugend gestorben. Das weckte auch Erinnerungen an jene Freunde, Bekannte und Klassenkameraden, die vor uns gehen mussten.
Exekutierte
Vor kurzen las ich in dem Buch Ikigai von Menschen, die ihre Mahlzeit vor der Hinrichtung aussuchen müssen. Sie nehmen sich dazu viel Zeit und sie kosten mit ihrer letzten Mahlzeit das Leben noch einmal ganz besonders aus. Trotzdem ist es die letzte Mahlzeit und auf sie folgt ihr letzter Gang.
Erschreckend, in wie vielen Ländern die Todesstrafe immer noch ein Teil der Rechtsprechung ist.
Ganz besonders muss ich an Pater Reinisch denken, dem ein Denkmal direkt an dem Weg hinter unserer Kirche gewidmet ist. Er war Pfarrer zur Zeit des NS-Regimes und er weigerte sich damals aus Überzeugung den Hitlergruß zu vollziehen. Wegen dieser Lappalie wurde er durch das Fallbeil hingerichtet.
Aber in anderen Ländern geschieht dies heute noch. Vielleicht nicht mit dem Fallbeil, doch dem menschlichen Erfindungsgeist sind auch hier leider keine Grenzen gesetzt. Heute setzen noch immer 20 der 198 Staaten auf die Todesstrafe und insgesamt beliefen sich im Jahre 2022 die Zahl der von Amnesty International registrieren Hinrichtungen auf 883 (siehe Wikipedia).
Helden
Im Gottesdienst wurde die Menschen erwähnt, die dabei gestorben sind, als sie jemanden geholfen haben.
Dabei geht es um Menschen, die zum Beispiel andere vor dem Ertrinken retten wollten und selbst dabei umkamen.
Ich muss dabei ganz besonders an Janusz Korczak denken, der im zweiten Weltkrieg die Kinder seines Waisenhauses in den Tod begleitete, weil er sie nicht alleine lassen wollte.
Gerechtigkeit Gottes ist Güte
Gottes Gerechtigkeit bedeutet nicht, dass alle gleich behandelt werden, sondern dass alle das erhalten, was sie brauchen.
Im Gottesdienst erzähle der Bischof vom Gleichnis des verlorenen Sohnes. Er hatte das Haus seines Vaters verlassen und war lange Zeit fort gewesen.
Als er dann zurückkam, wurde ihm zu Ehren ein großes Fest gegeben. Sein Bruder hätte sich nun ungerecht behandelt fühlen können. Er war schließlich immer da gewesen. Er half immer im Haus seines Vaters mit. Doch zu seinen Ehren wurde kein Fest gegeben.
Auch wir könnten meinen, dass uns eine bessere Behandlung oder mehr Segen zustehen müsse, weill wird immer in den Gottesdienst da sind oder weil wir viele Aufgaben übernehmen.
Doch so funktioniert das nicht. Gott gibt uns alles was für unser Heil und unsere Erlösung notwendig ist. Bei denen, die Gott sowieso schon aktiv suchen, ist weniger Hilfe notwendig, als bei Menschen, denen es schwer fällt Gott nachzufolgen.
Gottes Gerechtigkeit ist Treue
Wenn man jeden gleich behandelt ist das keine Gerechtigkeit. Deshalb schenkt Gott denen größere Aufmerksamkeit, die in schwierigen Lebensumständen leben müssen.
Auch wir sollten diesen Hinweis in unserem Glaubensleben beachten. Wenn ein Gotteskind nicht jeden Gottesdienst besuchen kann oder wenn ein Konfirmanden nicht jede Unterrichtsstunde wahrnehmen kann, sollten wir kein vorschnelles Urteil fällen. Dann müssen auch wir diesen Menschen mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen.
Was würde es über unsere Glaubensgemeinschaft aussagen, wenn wir Menschen, die in Schwierigkeiten leben müssen fallen lassen? Wenn wir bemerken, das unsere Glaubensgeschwister Schwierigkeiten haben, dann gilt es ihnen unsere Treue zu beweisen. Wie müssen ihnen zeigen, dass sie uns nicht egal sind.
Gerechtigkeit Gottes auch in der Ewigkeit
Was ist mit denen, die nicht an ein Leben nach dem Tod geglaubt haben? Auch sie sind Kinder Gottes in dem Sinne, dass sie Gottes Geschöpfe sind.
Nicht alle Entschlafene haben die gleiche Auffassung von Leben nach dem Tod. Ihre Sichtweise auf die Ewigkeit ändert sich deswegen nicht.
Wenn die Wolken voll sind, so geben sie Regen auf die Erde, und wenn der Baum fällt – er falle nach Süden oder Norden zu –, wohin er fällt, da bleibt er liegen.
Prediger 11,3 LU17
Doch Gott überlässt diese Seelen nicht sich selbst. Sie mögen zwar in ihrer Sicht auf die jenseitige Welt gefangen sein, aber Gott ist auch diesen Seelen treu.
Denn ein Baum hat Hoffnung, auch wenn er abgehauen ist; er kann wieder ausschlagen, und seine Schösslinge bleiben nicht aus.
Hiob 14,7 LU17
Gott schickt auch diesen Menschen eine ganz besondere Hilfe. Ich kann mir vorstellen, dass er dazu Menschen aus der Tradition schickt, an die sie ihre Leben lang geglaubt haben.
Sei es nun die Fürbitte durch einen neuapostolischen Christen, Allerseelenablass durch einen katholischen Christen oder ganz exotisch der Bau einer buddhistischen Stupa. Wie diese Hilfe im einzelnen aussieht, kann niemand vorhersagen.
Gerechtigkeit Gottes offenbart sich in seiner Güte und Treue oft ganz individuell, hier im Diesseits und im Jenseits gleichermaßen.
Literatur
- Leitgedanken 2024/03, 03.03.2024 Gottes Güte gilt Lebenden und Toten, Verlag Friedrich Bischoff GmbH
- https://de.wikipedia.org/wiki/Todesstrafe