Mutterliebe und Vergebung

Halleluja! Lobe den Herrn, meine Seele! Ich will den Herrn loben, solange ich lebe, und meinem Gott lobsingen, solange ich bin.
Psalm 146,1.2
Zu Anfang des Gottesdienstes am vergangenen Sonntag ging unser Priester auf die Mutterliebe und den Muttertag ein. Er Räume zunächst ein, dass dieser Tag nicht Teil des Kirchenjahres ist, aber durchaus seine Berechtigung hat. Er bedankte sich dann bei allen Müttern und drückte ihnen seine Wertschätzung aus.
Der Dienstleiter gab uns noch einen Gedanken mit, der wohl allen im Gedächtnis bleiben wird:
Deine Mutter ist die Person, die dich am meisten nervt, weil sie dich liebt.
aus einem Gottesdienst, Quelle unbekannt
Mutterliebe und der vergebende Gott
Aber Mütter sind durch ihre Liebe nicht nur nervig, sie kennen ihre Kinder ganz genau. Sie kennen ihre Stärken, aber sie kennen auch die Fehler ihrer Kinder und sehen liebevolle darüber hinweg.
Gott behandelt seine Kinder auf die gleiche Weise. Er kennt uns und unsere Stärken und Schwächen. Er führt uns in seiner Allmacht auf Wege, die unsere Stärken fördern und sieht über unsere Schwächen großzügig hinweg.
Vergeben, bevor es zu spät ist
Ich musste bei diesem Gedanken, an eine Szene aus einem bekannten Film denken:
In der festlich beleuchteten Kirche sitzt ein kleiner Junge ganz allein in einer der hinteren Bänke. Der Klang des Kinderchors erfüllt den Raum mit einer ruhigen, fast magischen Stimmung. Während er dem Gesang zuhört, bemerkt er, wie sich ein älterer Mann neben ihn setzt – sein Nachbar, vor dem er sich bisher immer ein wenig gefürchtet hatte.
Der Mann blickt freundlich zu ihm hinüber und sagt ruhig, dass er keine Angst zu haben brauche. Der Junge nickt zögerlich. Nach einem Moment des Schweigens beginnt der Mann zu erzählen, dass er oft hierherkomme, um seine Enkelin singen zu hören. Er darf sie aber nicht sehen, weil er sich vor vielen Jahren mit seinem Sohn zerstritten hat.
Der Junge fragt vorsichtig, ob er denn jemals versucht habe, seinen Sohn anzurufen. Der Mann schüttelt den Kopf und sagt leise, dass er Angst habe. Was, wenn sein Sohn nicht mit ihm reden will?
Der Junge schaut ihn an, denkt kurz nach und sagt dann ernst: „Was, wenn er doch will?“ Der Mann antwortet erneut, mit einer Mischung aus Hoffnung und Sorge in der Stimme: „Aber… was, wenn er nicht will?“ Der Junge hebt die Schultern und erwidert ruhig: „Dann wissen Sie es genau. Aber wenn Sie es nicht versuchen, wissen Sie’s nie.“
nach einer Szene aus Kevin Allein zu Hause, Columbus, 1990, ca. 1:08:00, erstellt mit KI
Diese Geschichte ist tiefgründig in vielerlei Hinsicht. Zuerst überwindet der Junge seine Vorurteile, die auf den Gerüchten über den Nachbarn gründeten. Der Junge war völlig offen für das was geschehen würde und nahm seinen Nächsten so an, wie er war.
Aus diesem Moment des Überwindens entstand etwas wunderbares. Die beiden hatten ein sehr schönes Gespräch und der Nachbar nahm demütig den Rat eines einfältigen Kindes an.
Aus seiner demütigen Haltung schöpfte der Mann neuen Mut und rief seinen Sohn an, um sich mit ihm zu versöhnen.
Versöhnung darf man nicht aufschieben
Mit der Versöhnung zu warten ist ein Fehler. Auch wenn es vielleicht viel Mut erfordert, sollte man immer versuchen versöhnlich auf seinen Nächsten zuzugehen. Wie viel hatte der alte Nachbar schon vom Leben seiner Enkelin verpasst, nur weil er den Mut nicht hatte seinen Sohn anzurufen?
Was verpassen wir alles, wenn wir den ersten Schritt zur Versöhnung hinauszögern? Also lasst uns mutig sein und vergeben.
Literatur
- Leitgedanken 2025/02, 02.02.2025, Gottesdienstliche Gemeinschaft, Verlag Friedrich Bischoff GmbH
- Columbus, C. (Regisseur). (1990). Kevin – Allein zu Haus [Film]. 20th Century Fox