Barmherzigkeit und Liebe

In Joppe war eine Jüngerin mit Namen Tabita, das heißt übersetzt: Gazelle. Die tat viele gute Werke und gab reichlich Almosen.

Apostelgeschichte 9,36 LU17

Unser Bibelvers handelt von der Jüngerin Tabita. Die Heilige Schrift schreibt über ihre guten Werke und über ihre Großzügigkeit. Sie half wo sie nur konnte und lebte ihren Glauben in einer Weise, die andere Menschen tief berührte. Doch trotz ihres vorbildlichen Lebens blieb Tabita weder vor Krankheit noch vor dem Tod bewahrt. So wie Tabita erkrankte und starb, erleben auch wir, neuapostolische Glaubensgeschwister, dass unser Glaube uns nicht vor den Gefahren dieser Welt schützt. Sei es Arbeitslosigkeit, Krankheit, finanzielle Nöte oder gar der Tod. All diese Herausforderungen können auch uns treffen.

Die Geschichte von Tabita endet jedoch nicht mit ihrem Tod. Durch die barmherzige Tat von Apostel Petrus wurde sie wieder zum Leben erweckt. So wie Tabita durch göttliche Macht aus dem Tod erweckt wurde, so wird auch unser irdischer Leib eines Tages in den Auferstehungsleib verwandelt werden. Es ist der Moment, in dem unser Wissen kein Stückwerk mehr sein wird und wir vollkommene Erkenntnis erlangen.

Die Geschichte von Tabita erinnert uns daran, dass unser Glaube und unser Leben nicht vergeblich sind und dass Gott die Macht hat, den Tot zu besiegen und uns in seiner Liebe und Gnade zu vollenden.

Reife Liebe – Grundlage der Barmherzigkeit

Reife Liebe ist das Fundament wahrer Nächstenliebe und Barmherzigkeit. Wer barmherzig sein will, dem darf sein Nächster nicht egal sein. Bruder und Schwester müssen einem am Herzen liegen.

Erich Fromm unterscheidet zwischen unreifer, bzw. infantiler Liebe und reifer Liebe. Während die infantile Liebe auf Bedingungen basiert und den eigenen Vorteil sucht, ist die reife Liebe selbstlos und bedingungslos. Sie liebt das Gegenüber so, wie es ist, ohne Erwartungen oder Forderungen.

Nach Fromm liegen der reifen Liebe die vier Eigenschaften Fürsorge, Verantwortung, Achtung und Erkenntnis zugrunde.

Fürsorge

Fürsorge bedeutet, für den Nächsten da zu sein, wenn er Unterstützung benötigt. Es geht darum, auf die Bedürfnisse des Anderen einzugehen und ihm in seiner Not beizustehen. Fürsorge verlangt von uns, dass wir aktiv werden und nicht nur passiv zusehen.

Verantwortung

Verantwortung fordert uns auf, nicht wegzusehen, sondern die Verantwortung für unsere Nächsten zu übernehmen. Auf welche Weise kann ich den leidenden Glaubensgeschwistern helfen? Verantwortung bedeutet, sich den Herausforderungen zu stellen und bereit zu sein, Opfer zu bringen, um anderen beizustehen.

Achtung vor dem Anderen

Achtung vor dem anderen heißt, jeden Menschen so zu behandeln, wie andere uns behandeln sollen. Es bedeutet, den Nächsten zu respektieren und ihm mit dem gleichen Respekt zu begegnen, wie es auch Jesus getan hat (siehe auch So handeln wie Jesus).

Erkenntnis

Erkenntnis ist vielleicht der schwierigste Teil der reifen Liebe. Um wirklich lieben zu können, müssen wir unseren Nächsten so sehen, wie er wirklich ist. Was bewegt ihn? Warum handelt er so? Erkenntnis erfordert Einfühlungsvermögen und den Willen, die inneren Beweggründe des Anderen zu verstehen. Vielleicht ist unser Nächster so abweisend, weil er in der Vergangenheit verletzt wurde und sich nun vor weiteren Schmerz schützen möchte.

Diese vier Eigenschaften bilden das Fundament einer Liebe, die nicht auf sich selbst zentriert ist, sondern den Nächsten in den Mittelpunkt stellt. Eine solche Liebe ist die Voraussetzung dafür, wahre Barmherzigkeit üben zu können.

Literatur

• Leitgedanken 2024/08, 11.08.2024, Barmherzig sein, Verlag Friedrich Bischoff GmbH
• Fromm, Erich. (1995). Die Kunst des Liebens. Deutschland: Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München