Befreiung durch Christus
Petrus aber sprach: Silber und Gold habe ich nicht; was ich aber habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi von Nazareth steh auf und geh umher!
Apostelgeschichte 3,6 LU17
Der Dienstleiter begann den Gottesdienst damit die Begebenheit aus dem Bibelvers aus der Ichperspektive darzustellen:
Mein Leben lang habe ich diese Krankheit. Ich kann weder gehen, noch stehen, denn meine Beine sind nutzlos. Zu schwach um mich zu tragen. Ja, sie gehorchen mir nicht einmal. Zum Glück habe ich meine Freunde, die mich jeden Tag hierher vor den Tempel tragen. Ich kann mir ein Leben ohne ihre Hilfe gar nicht vorstellen. Wie sollte ich es bestreiten?
Jeden Tag sitze ich hier im Staub und bettle die Menschen an, die in den Tempel wollen. Ich muss ihre Blicke ertragen. Manche sehen mich mitleiderfüllt an, doch andere sind von mir regelrecht angewidert. Dann gibt es solche, die angestrengt zur Seite sehen, um meinen Anblick nicht zu ertragen.
Vereinzelt bekomme ich eine Münze, sodass ich meinen Hunger mit einem Stück Brot stillen kann. Doch heute ist etwas anders. Da sind diese beiden Männer, beide mit einem freundlichen Blick. Bei denen werd‘ ich es versuche. Sie werden mir sicher ein Almosen geben.
Ich sehe demütig auf den Boden und spreche die beiden Männer an: „Ich bitte euch ihr Herren, um eine milde Gabe für einen armen Lahmen!“ Sie bleiben stehen und blicken mich an. Jetzt gibt’s einen großen Batzen, denk ich so bei mir. Doch dann sagt der eine: „Sieh uns an!“ Ich blicke auf und sehe, dass er mich anlächelt. Ich sehe weder Gold, noch Silber. Nur die beiden freundlichen Gesichter. Der andere der beiden Männer spricht zu mir: „Silber und Gold habe ich nicht; was ich aber habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi von Nazareth steh auf und geh umher!“ Er muss von sinnen sein. Sieht er nicht, dass ich lahm bin?
Dann streckt er mir seine Hand entgegen. Ohne zu überlegen, greife ich zu und tatsächlich, ich stehe auf. Ich spüre auf einmal Kraft in meinen Füßen, meinen Knöcheln, meinen Beinen. Ich versuche eine Schritt zu gehen, ganz vorsichtig. Das klappt schonmal. Ich wage einen Sprung. Halleluja ich bin geheilt.
Derweil sind die beiden Männer schon weiter Richtung Tempel. Sie wollten keinen Dank von mir. Ich ging ihnen in den Tempel hinterher. Ich laufe, ich springe und ich lobe Gott für dieses Wunder!
Die Heilung des gelähmten aus der Ichperspektive
Wechsel der Perspektive
Petrus hatte kein Gold und kein Silber. Einen Notgroschen hatte er aber bestimmt dabei. Was wenn er ihm einfach diesen als Almosen gegeben hätte? Wie lange hätte dieses Geld den lahmen Bettler über Wasser gehalten? Einen Tag oder eine Woche? Dann hätten ihn seine Freunde wieder vor den Tempel tragen müssen und er hätte wieder betteln müssen.
Petrus gab ihm stattdessen die Fähigkeit, für sich selbst zu sorgen, indem er seine Befreiung bewirkte. Durch seine starken Beine konnte er nun arbeiten und war nicht mehr darauf angewiesen, sich vor dem Tempel zu erniedrigen.
Sein Leben lang musste dieser Mann im Staub kriechen. Er musste immer zu anderen aufsehen und andere sahen seit jeher auf ihn herab. Nach seiner Heilung war er auf Augenhöhe mit den anderen Menschen. Sie sahen in ihm nicht mehr den mitleid- oder ekelerregenden Bettler, der sie nur um Almosen anbetteln wollte.
Damals herrschten auch verschiedene Reinheitsvorschriften und ich kann mir vorstellen, dass der Bettler wegen seiner Krankheit nicht in den Tempel gehen durfte. Solch eine Krankheit war für die Juden damals gleichbedeutend mit einer Strafe Gottes. Er oder seine Eltern mussten etwas verbrochen haben, dass er so gestraft wurde.
Durch die Befreiung von seiner Krankheit durfte er nun auch den Tempel betreten. Die Gabe von Petrus bewirkte, dass er von nun an für sein irdisches und sein seelisches Wohl selbst sorgen konnte.
Übertragen auf die geistige Ebene bedeutet das, dass der Mensch in der Sünde gefangen war. Jesus kam aus dem Himmel zu uns auf die Erde, um uns aus dieser Sünde zu befreien. Er hat großes Leid auf sich genommen. Er wurde geschlagen und verspottet. Schlussendlich wurde er zum Tode an Kreuz verurteilt.
Durch sein Opfer, hat er den Menschen die Möglichkeit zur Befreiung aus der Sünde gegeben. Er starb dafür, dass unsere Sünden vergeben werden können. Doch wir müssen das auch wollen. Wir müssen ihn ansprechen, wie es der Bettler getan hat. Dann reicht er uns seine Hand. Wie Petrus dem Bettler die Fähigkeit gab in den Tempel zu gehen, gibt Jesus uns die Möglichkeit eines Tages in das Reich Gottes eingehen zu können, indem er unsere Sünden abwäscht.
Aber auch im Natürlichen hat die Sündenvergebung Auswirkung auf unsere Perspektive. Bevor uns die Sünden vergeben werden können, müssen wir bereuen und uns mit dem Geschehenen auseinander setzen. Das bewirkt eine ander Sicht auf die Dinge. Wir gehen auf unseren nächsten zu und begegnen ihm auf Augenhöhe, wenn wir uns miteinander versöhnen.
Glaube geht oft über unsere Vorstellungskraft hinaus
Der Bettler hat bestimmt gedacht, dass Petrus nicht ganz bei Trost war. Aber doch nur, weil er sich nicht vorstellen konnte, das seine Heilung nach so langer Zeit möglich war. Jahrelang bettelte er vor dem Tempel und hatte die Hoffnung auf Heilung schon längst abgeschrieben.
Ist es nicht bei uns oft genau so? Wir können uns einfach nicht vorstellen, dass es für uns Befreiung aus so macher unserer Lebensumstände gibt. Der Streit mit jemandem aus der Familie. Die Arbeitslosigkeit oder die Suche nach einem Lebenspartner. Manchmal erscheint uns das Leben aussichtslos. Aber wir können uns sicher sein, dass der liebe Gott für einen jeden von uns einen ganz besonderen Plan hat.
Das mag für Außenstehende vielleicht naiv erscheinen, aber die Geschichte lehrt uns, dass treue Diener Gottes manchmal einfach dumm da stehen, bis sie ihren Glauben wirklich erleben können:
Sometimes faith will make you look stupid; until it starts to rain.
Noah, gefunden im Feed von dimensionalStory
Mit diesen Worten möchte der Verfasser ausdrücken, dass Noah für alle anderen wie ein Spinner ausgesehen hat. Doch wer stand denn dumm da, als es zu regnen anfing?
Auch wir stehen manchmal dumm da, wenn wir uns so manche Frage gefallen lassen müssen. Wenn wir manchmal keine rechte Antwort wissen. Doch ich habe schon oft erlebt, dass der liebe Gott dann helfend eingreift und uns dann doch eine Antwort schenkt. Das nennt man dann Glaubenserlebnis.
Macht es noch einen Unterschied?
Der Bettler wurde durch die Befreiung von seiner Krankheit auch aus seinem persönlichem Gefängnis befreit. Man konnte ihm das nicht nur ansehen, weil er plötzlich gehen konnte. Er war auch sehr dankbar und glücklich über seine neue Fähigkeit für sich selbst zu sorgen. Das könnte man ihm ansehen und er konnte Gott auf eine ganz neue Art loben und preisen.
Wie ist das bei uns? Sieht man uns die Befreiung von der Sünde nach einem Gottesdienst an? Hat es noch Auswirkungen auf uns oder geht diese Stunde spurlos an uns vorüber?
Ich erinnere mich daran, dass die Priester am Altar oft von Nachbarn berichteten, die sie gefragt haben, wo sie Sonntags morgens immer hingehen würden. Ihnen ist aufgefallen, dass sie sich immer schick anziehen und dass sie bei ihrer Rückkehr jedes mal so sehr strahlen würden.
Wenn wir die Gottesdienste wirklich ernst nehmen, dann kann die Predigt gar nicht spurlos an uns vorübergehen. Dann muss sie diese eben beschriebene Wirkung auf uns haben. Wir hören Gottes Wort in der Predigt und erhalten immer wieder Trost und Gewissheit aus der Predigt. Jeden Gottesdienst bekommen wir unsere Sünden vergeben und wir dürfen die Gemeinschaft mit Jesus im Heiligen Abendmahl erleben.
Wer da keine Auswirkungen verspürt, der muss doch irgendetwas falsch machen.