Das Wesen Gottes
Der Herr sprach: Geh heraus und tritt hin auf den Berg vor den Herrn! Und siehe, der Herr ging vorüber. Und ein großer, starker Wind, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, kam vor dem Herrn her; der Herr aber war nicht im Winde. Nach dem Wind aber kam ein Erdbeben; aber der Herr war nicht im Erdbeben. Und nach dem Erdbeben kam ein Feuer; aber der Herr war nicht im Feuer. Und nach dem Feuer kam ein stilles, sanftes Sausen.
1 Könige 19,11.12 LU17
Elia hatte das große Privileg, dass Gott ihm sein Wesen offenbarte. Das bemerkenswerte daran ist, dass sich viele große Denker über eben dieses Wesen Gottes den Kopf zerbrachen. Jahrhunderte lang stellten sich Philosophen und Geistliche der unterschiedlichsten Religionen die Frage, wer oder was Gott ist. Alle kamen mehr oder weniger zu dem Schluss, dass der menschliche Geist das Wesen Gottes nicht gänzlich erfassen kann.
Wesen Gottes – der Kindergott
Wir alle kennen das Bild, das oftmals den Kindern vermittelt wird, wenn sie noch klein sind: Ein weißbärtiger Mann in einem weißen Gewand, der auf einem Thron im Himmel sitzt. Er ist umringt von seinen Engeln und überblickt das Geschehen der Welt. Mit seinem allessehendem Auge sieht er uns, auch wenn wir uns versuchen zu verstecken.
Wesen Gottes im Alten Testament
Dieses Bild von Gott ist jedoch nicht in der Bibel zu finden. Manchmal geht er durch den Garten Eden oder aber er ist ein sanftes Sausen. An anderer Stelle wird seine Gegenwart durch eine Wolke oder durch Feuer offenbar.
Im Buch Exodus sagt Gott zu Mose:
Mein Angesicht kannst du nicht sehen; denn kein Mensch wird leben, der mich sieht.
aus 2. Mose 33,20 LU17
Das bedeutet, dass Mose den Anblick Gottes nicht ertragen kann, da seine Herrlichkeit zu überwältigend ist. Allerdings lässt Gott Mose in den darauffolgenden Versen in gewisser Weise einen Teil seiner Herrlichkeit sehen.
Die eigentliche Begegnung findet in 2. Mose 34,5–7 statt. Dort heißt es, dass Gott in einer Wolke auf den Berg Sinai herabsteigt, und Mose darf nicht sein Angesicht, sondern nur seinen „Rücken“ sehen (siehe 2. Mose 33,23). Gott offenbart sich Mose, indem er an ihm vorübergeht und seinen Namen und seine Eigenschaften verkündet:
Und der Herr ging vor seinem Angesicht vorüber, und er rief aus: Herr, Herr, Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue.
2. Mose 34,6 LU17
Mose sieht also nicht Gottes Angesicht, sondern erlebt Gottes Gegenwart und hört seine Selbstoffenbarung. Dies ist der Moment, in dem Gott sich auf eine für den Menschen erträgliche Weise offenbart.
Das Wesen Gottes im Neuen Testament
Im Neuen Testament wird Gottes Wesen vor allem durch Jesus Christus offenbart. Apostel Johannes schreibt dazu:
Niemand hat Gott je gesehen; der Eingeborene, der Gott ist und in des Vaters Schoß ist, der hat es verkündigt.
Johannes 1,18 LU17
Jesus Christus, der Sohn Gottes, wird hier als derjenige dargestellt, der den unsichtbaren Gott sichtbar macht. Während es im Alten Testament hieß, dass kein Mensch Gott sehen kann, zeigt das Neue Testament, dass in Christus Gott den Menschen nahekommt. Jesus selbst betont dies indem er sagte:
Wer mich sieht, der sieht den Vater.
aus Johannes 14,9 LU17
Jesus ist die vollkommene Offenbarung des Vaters. Durch seine Worte, Taten und sein Wesen wird Gottes Liebe, Barmherzigkeit, und Gnade für die Menschen greifbar. Besonders in der Hingabe Jesu am Kreuz zeigt sich Gottes tiefste Liebe zur Menschheit (siehe auch Johannes 3,16).
Auch der Apostel Paulus bringt in seinen Briefen das Wesen Gottes durch Jesus Christus zum Ausdruck:
Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes.
Kolosser 1,15 LU17
Christus wird hier als das Abbild Gottes beschrieben – in ihm spiegelt sich die ganze Fülle Gottes wider (siehe auch Kolosser 2,9)
Ein zentrales Merkmal des Wesens Gottes, das im Neuen Testament besonders hervorgehoben wird, ist die Liebe und das wusste schon der Apostel Johannes:
Gott ist Liebe.
aus 1. Johannes 4,8 LU17
Diese Liebe wird im Leben und Werk Jesu sichtbar, besonders in seinem unvergleichlichen Opfer. Damit zeigt das Neue Testament, dass die Offenbarung des Wesen Gottes nicht nur in Macht und Herrlichkeit besteht, wie es im Alten Testament oft betont wird, sondern vor allem in der hingebungsvollen Liebe und Nähe zu den Menschen. Durch Jesus wird Gott für die Menschheit zugänglich, und seine Herrlichkeit zeigt sich in der Barmherzigkeit und im Heil, das er anbietet.
Gottes Nähe in der Stille
Manchmal bitten wir Gott um eine Antwort und erwarten dann einen schnelle Reaktion von ihm. Doch dann bleibt diese Antwort vorerst aus. wir beginnen ungeduldig zu werden und wollen diese Antwort immer mehr. Der Nachdruck in unserem Gebet wird immer mehr und wir fordern diese Antwort regelrecht.
Der Priester erzählte dazu im vergangenen Gottesdienst davon, dass er eine Trauung durchführen durfte und dass er sich auf der Suche nach einem persönlichen Bibelwort für das Brautpaar an Gott gewandt hatte. Aber die Antwort kam einfach nicht.
Er machte sich dann zu einer geplanten Alpenüberquerung zu Fuß auf. Er nahm seinen Notizblock und einen Stift mit. Am Anfang schossen ihm alle Möglichen Gedanken durch den Kopf. Ein besonderes Wort für die bevorstehende Trauung fiel ihm jedoch nicht ein. In einem Moment in dem er am wenigsten damit rechnete, kam ihm dann ein Wort in den Sinn, das zu 100% auf das Brautpaar passte.
Der Priester bekam seine Antwort erst, als er nicht mehr daran dachte und als er sie nicht mehr forderte. Erst als es Stille in ihm war und er nicht mehr von der Sorge bedrückt war, ein Wort für das Hochzeitspaar zu finden. Gottes Antwort offenbarte sich ihm, ganz wie in unserem Bibelwort, nach der Unruhe und in der Stille.
Literatur
- Leitgedanken 2024/09, 08.09.2024, Wie Gott zu finden ist, Verlag Friedrich Bischoff GmbH