Versuchung

Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von
aus Matthäus 6,13 LU17
dem Bösen.
Unser Bibelwort aus dem Matthäusevangelium ist Teil des Gebetes, das uns Christus selbst gelehrt hat – des Vater Unsers. Es handelt sich um die zwei Bitten, führe uns nicht in Versuchung und erlöse uns vom Bösen.
Das Böse und die Versuchung
Doch was ist diese Versuchung? Franz Rienecker schreibt in seiner Erklärung des Matthäusevangeliums, dass es immer wieder zu Anfechtungen und Versuchungen kommt, die uns Christen als Bewährungsprobe dienen sollen. Gott möchte uns in die neue Kreatur verwandeln und dazu muss der alte Adam sterben. Durch diese Prüfungen sollen uns Wege aufgezeigt werden, wie wie uns der neuen Kreatur annähern können.
Das Böse, von dem wir erlöst werden wollen, ist der Satan. Er ist die schier unüberwindbare Macht hinter der Versuchung. Immer wieder lockt er uns, um uns zu Fall zu bringen. Wir wissen genau, dass wir schwache Menschen sind und nur durch Gottes Hand vor dem Bösen errettet werden können. Deshalb beten wir zu Gott, dass er uns beisteht und seine schützende Hand über uns hält.
Christen sein – keine Bevorzugung
Ihr Lieben, lasst euch durch das Feuer nicht befremden, das euch widerfährt zu eurer Versuchung, als widerführe euch etwas Fremdes, sondern freut euch, dass ihr mit Christus leidet, damit ihr auch durch die Offenbarung seiner Herrlichkeit Freude und Wonne haben mögt.
1. Petrus 4,12.13 LU17 S.254
Nur weil wir Christen sind, haben wir keine Sonderstellung vor Gott auf dieser Welt. Wir müssen die gleichen Dinge erleiden, wie alle Menschen. Auch Christen sind nicht vor Krankheit, Unglück oder Tod gefeit. Wir sind ganz normale Menschen, die genau so unter diesen Schicksalsschlägen leiden wie alle Menschen. Genau dieses Leid ist es, was uns versucht und der Heilige Geist lehrt uns über dieses Leid hinaus zu blicken und eben diese Versuchung zu erkennen und zu überwinden.
Versuchung und Begierde
Neben den Prüfungen, mit denen uns Gott helfen möchte zur neuen Kreatur zu werden, gibt noch eine weitere Art von Versuchungen. Sie resultiert aus unserer natürlichen Neigung zur Sünde hin. Franz Rienecker schreibt dazu, dass das „Fleisch wider den Geist gelüstet“. Mit anderen Worten: der Geist ist willig, das Fleisch ist Schwach. Er bezieht sich dabei auf die folgende Bibelstelle:
Niemand sage, wenn er versucht wird, dass er von Gott versucht werde. Denn Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, und er selbst versucht niemand. Sondern ein jeder, der versucht wird, wird von seiner eigenen Begierde gereizt und gelockt.
Jakobus 1,13.14 LU17 S.275
Nun ist es unsere Aufgabe uns weiterzuentwickeln und uns diese selbstzerstörerischen Begierden, die uns in die Sünde treiben, abzugewöhnen. Doch dazu müssen wir diese Begierden auch kennen, frei nach dem Motto: Kenne deinen Feind.
Ich erinnere mich noch an einen Neujahrsgottesdienst, bei dem ein Diakon sagte, dass jeder seine Lieblingssünde hat. Jeder weiß, welcher Sünde er immer wieder erliegt und sie einfach nicht lassen kann. Der Diakon empfahl in diesem Gottesdienst sich für das kommende Jahr einmal ganz bewusst vorzunehmen, genau diese Sünde nicht zu tun.
So kann man sich langsam vorarbeiten. Wenn man es schafft eine Sünde bzw. Begierde abzulegen, kann man sich der nächsten Begierde zuwenden und immer so weiter. Natürlich wissen wir, dass wir es nicht schaffen können, alle Begierden oder Sünden abzulegen. Wir sind schließlich schwache Menschen. Es kommt auf unser Bemühen an und die Vorgehensweise unseres Diakons ist ein gut Methode dazu sich weiterzuentwickeln und Gott näher zu kommen.
Versuchung mit Maß
Gott ist treu, der euch nicht versuchen lässt über eure Kraft, sondern macht, dass die Versuchung so ein Ende nimmt, dass ihr’s ertragen könnt.
1. Korinther 10,13 LU17 S.199
Gott liebt dich und mich. Deswegen legt er uns nie ein Kreuz auf, dass wir nicht auch tragen können oder unter dem wir gar zerbrechen. Oft gibt es jedoch auch Menschen in Lebensverhältnissen, die so schwer und kaum zu ertragen sind, dass sie sich verloren fühlen. Aber in den Augen Gottes sind diese Menschen nicht verloren oder vergessen (siehe Gutes tun in der Gemeinschaft). Er kennt unsere Sorgen und Probleme und er ist immer bei uns.
Wenn die Last einmal zu groß wird, dann können wir uns im Gebet an unserem Himmlischen Vater wenden. Wir dürfen ihm all unser Leid klagen und wir dürfen uns sicher sein, dass er da ist und uns zuhört. Vielleicht erhalten wir nicht immer sofort eine Antwort, aber sie kommt bestimmt.
Manchmal ist auch schwer zu beten. Ich muss dabei an die bekannte Geschichte denken. Ein jugendlicher schrieb die Worte „Ich kann nicht mehr beten!“ an eine Pinwand. Als Antwort schrieb damals ein andere Jugendlicher die Worte „Dann bete ich für dich!“ darunter. Und das ist doch auch unsere Aufgabe. Als Christen treten wir für unsere Nächsten im Gebet ein. Oft bleibt es uns verborgen, wie sehr jemand unter seiner Lebenssituation leidet und dennoch können wir für die beten, deren Leid für uns im Verborgenen liegt.
Am Ende steht der Lohn
Am Ende jeder bestandenen Prüfung steht meist eine Lohn. Wer eine Abschlussprüfung schreibt, erhält einen Abschluss der jeweiligen Schule. Sportler werden nach bestandenen Prüfungen geehrt oder erhalten sogar Preisgelder. Wer die Angelprüfung besteht, darf fortan Angeln und wer die Führerscheinprüfung besteht, der darf ein Auto fahren.
Der Lohn für Gottes Prüfungen unterscheidet sich von den oben beschriebenen ganz entschieden. Es gibt dazu eine ganz besonderes Gedicht, das wohl viel bekannt sein sollte:
Ich bat Gott um Weisheit – und Gott gab mir Probleme zu lösen.
Kurt Biegler (1925-2007)
Ich bat um Stärke – und Gott gab mir Schwierigkeiten, um mich stark zu machen.
Ich bat um Mut – und Gott gab mir Gefahren, um sie zu bewältigen.
Ich bat um Liebe – und Gott gab mir schwierige Leute, um ihnen zu helfen.
Ich bat Gott um Gunst – und Gott gab mir Gelegenheit, mich im Alltag zu bewähren.
Ich bat um Geduld – und Gott ließ mir im Alltag eigensinnige Menschen in die Quere meiner Laufbahn treten.
Ich bat um Demut – und Gott schickte mir Demütigungen, um mich von allem Egoismus zu lösen.
Ich bekam nicht, was ich wollte, doch bekam ich alles, was ich brauchte.
Kurt Biegler will uns damit zeigen, dass jede Prüfung uns dabei hilft uns in unserem Glaubensleben weiterzuentwickeln. Für uns ist es wichtig zu erkennen, dass Gott uns nicht strafen möchte. Vielleicht möchte er uns jetzt gerade dabei helfen neue Fähigkeiten oder neue Gaben zu entwickeln, die wir später für eine besondere Aufgabe brauchen.
Literatur
- Leitgedanken 2025/09, 14.09.2025, Gott hilft in der Versuchung, Verlag Friedrich Bischoff GmbH
- Leitgedanken 2016/01, 24.01.2016, Bewährung in der Versuchung, Verlag Friedrich Bischoff GmbH
- Das Evangelium des Matthäus, erklärt von Fritz Rienecker, Wuppertaler Studienbibel, 1995